Lutz Meyer

Lutz Meyer
culture & events
AND-Escaldes (Andorra)

lutz (at) lutz-meyer.com

 

Inhalt
- home -
- Konzerte -
- Kultur -
- Reisen -
- Lutz privat -
- news -

Links
events backstage
www.events.showeb.de

tickets
Europe
 
Deutschland
 

 

 

- Test -

 


home >reise >andorra >basics

Andorra Basisinformationen

Informationen zu Land, Menschen, Staat, statistische Daten 

Alle Fakten über Andorra, von mir zusammengesucht oder zusammengelogen. Andorra liegt in den Pyrenäen mit gemeinsamen Grenzen zu Frankreich und Spanien. Es ist ein unabhängiger Staat, offiziell ein Fürstentum, und gleich mit zwei Fürsten: Der Bischof von La Seu d´Urgell 10 km weiter südlich in Spanien/Katalonien und der jeweilige französische Staatspräsident weit weg oben im Norden. Zuvor war es für Frankreich der Graf von Foix im nördlichen Vorland der Pyrenäen. Diese von Andorranern beharrlich gepflegte kuriose Konstruktion aus dem Mittelalter beschützt Andorra auch heute noch vor externen politischen Machtgelüsten, besonders aber in der Vergangenheit zuverlässig vor der Vereinnahmung eines einzelnen seiner Fürsten mit ihrer gegenseitigen Abneigung. 

Andorra ist also spannend, und es hat viele weitere Gesichter und Geschichten, mit Menschen des Typs Bergbauer. Knorrig, korrekt, zunächst etwas reserviert, später richtig liebenswert. Sie sind meisterliche Tiefstapler, und lassen sich erst nach Jahren ein wenig in die Karten schauen. Andorra ist natürlich ein beliebtes Einkaufsparadies für die Nachbarn wegen der moderaten Einfuhrzölle, und daher in seinem städtischen Zentrum sehr quirlig. 

International bekannt ist es auch als Steuerparadies für Einwohner und ansässige Firmen. Aber natürlich auch für weltweite steuerfreie Finanzgeschäfte von Nicht-Ansässigen. Keine Entrüstung bitte! Ein Andorraner kennt das Wort "Schwarzgeld" nur vom Hörensagen aus verarmten Nachbarstaaten. Mit dem Unwort "Schwarzarbeit" verhält es sich ebenso. Für den Arbeitnehmer mit Arbeitsgenehmigung ist brutto = netto. Also allenthalben geradezu märchenhaften Zustände aus deutscher Sicht.

Andorra kann aber noch anders, nämlich unter Zuhilfenahme seiner angeborenen Natur. Andorra hat diese einzigartige südeuropäisch-alpine Landschaft der Pyrenäen, Natur- und Sportparadies für Aktivurlauber, luxuriös oder extrem schlicht. Oder für Menschen die "Seele auftanken" möchten. Irgendwann hat Sie Andorra gefangen mit all seinen Facetten. Plantschen in der nahen Costa Brava oder in den Stauseen Kataloniens ist ja jederzeit möglich.

 

Andorra Rekorde

  • Andorra la Vella, höchstgelegene Hauptstadt Europas
  • Grösstes zusammenhängendes Skigebiet Südeuropas
  • Eine der ältesten Demokratien der Welt (de facto)
  • Einziges Land der Welt mit Amtssprache Català
  • Keine Arbeitslosigkeit
  • Kaum Kriminalität
  • Geringe Staatsverschuldung
  • Geringste Sozialversicherungsbeitrag-Belastung Europas
  • Einziger Staat Europas ohne Finanzamt
  • Höchste Lebenserwartung in Europa

 

Geographie

Andorra hat eine Fläche von 468 qkm mit einer Grenzlänge von 120,3 km. Im Norden angrenzend an Frankreich (Ariège und seine östlichen Pyrenees-Departments) mit einer 56,6 km Grenze. Im Süden grenzt es an die katalanischen Pyrenäen-Regionen Cerdanya, Alt Urgell und Pallars Sobirà von Spanien, mit einer gemeinsamen Grenze von 56.6 km.

Andorra wird von einer Gebirgskette mit Gipfeln von knapp 3000 m Höhe umrahmt. Lediglich im Süden, an der Grenze zu Spanien, öffnet sich ein schmaler Spalt, durch den fast alle Gebirgsbäche im Riu Valira zusammengeführt abfliessen. Diese geologische Gegebenheit erklärt manches an Andorra´s eigenständiger Gesellschaft und Kultur. Der höchste inländische Berg ist der Coma Pedrosa (2942 m) im Nordwesten. Andorras niedrigster Punkt misst 838 m Höhe an der südlichen Spanien-Grenze. Daher sind Andorra Beziehungen zu Katalonien naturgemäss ausgeprägter als zum nördlichen Nachbarn. Aber weiter als 100 km nördlich sind es schliesslich keine Katalanen mehr. Ein kleiner aber feiner Unterschied.

 

Natur & Klima

Andorras Klima gilt als gemässigt mit warmen bis heissen, niederschlagsarmen Sommern und schneereichen Wintern in den höher gelegenen Landesteilen. Bei nicht gewünschter Temperatur braucht man allerdings meist nur wenige Kilometer bergauf/bergab zu fahren. Atlantische Wetterkapriolen liegen 1000 km entfernt im Westen und berühren Andorra nur selten. Mediterranes Klima wie an der 200 km entfernten Costa Brava im Südosten existiert ebenfalls nicht - es ist ein stabiler Mix von Allem. 

So herrscht meist gutes Wetter in Andorra. Regenschauer sind in der Regel von kurzer Dauer. Die Tag/Nacht Temperatur-Unterschiede von Herbst bis Frühjahr sollten Sie nicht unterschätzen. Also nicht selten Anorak als Bekleidung vor, und T-Shirt nach Sonnenaufgang. Für Menschen mit Gesundheitsproblemen und Allergien bietet Andorra ideale Voraussetzungen. Siehe Infrastruktur bzw Thema Gesundheit.

Andorra ist wegen der vielen Quellen ein sehr wasserreiches Land. Bis zur Baumgrenze gibt es eine dichte Vegetation aus Nadelbäumen mit Pinien und anderen Nadelbäumen, kleinblättrigen Eichen, Birken und anderen Blattgehölzen. Die zahlreichen Bergseen liegen meist in Höhenlagen über 2300 m. Mit seiner Höhenausdehnung von über 2000 m hat Andorra eine sehr vielfältige und üppige Pflanzenwelt. Dazu die unterschiedliche Klimazonen, selbst auf gleichem Höhenniveau. So finden sich die Begriffe Obac (Schatten) und Solà (Sonne) oft in den historischen Namen der etwa 170 Naturzonen wieder. Grund genug, warum Andorra's Einwohner mehrheitlich lieber auf 1000 m Höhe parterre, und natürlich vorzugsweise an den Sonnenhängen lebt.

 

Kultur

Einzigartig ist Andorra's Kultur, deren Wurzel tief in der Geschichte und seiner naturbedingten Isolation liegt, mit allerlei Mythen und Legenden. Die alte Einkommensquelle Schmuggel ist in der Gesellschaft keinesfalls geächtet, doch offiziell mittlerweile verboten wegen entsprechender Goodwill Vereinbarungen mit der EU. In dem Zusammenhang wissenswert: Andorra ist eine der ältesten Demokratien der Welt, hatte jedoch niemals den Ehrgeiz und natürlich auch nicht die Mittel, dieses seinen Nachbarn auch einbleuen zu wollen. Dazu ist Andorra weltweit der einzige Staat mit Amtssprache katalanisch (catalá). 

Heute ist Andorra ein Vielvölkerstaat, hat jedoch seine Wurzeln anscheinend nicht vergessen. Das prägt Andorras Gesellschaft mit ihrer Eigenverantwortlichkeit und einem gegenseitigen, im Alltag stets spürbaren Respekt. "Toleranz" könnte man das vielleicht auch nennen, aber dieser Begriff trifft es nicht ganz. Andorra's extrem hoher Ausländer-Anteil von etwa 75% sollte also nicht vorschnell zum Begriff "multikulturell" verführen, egal, ob er positiv oder negativ gemeint ist. Gesellschaftliche "Randgruppen" sind jedenfalls in Andorra gänzlich unbekannt. Nicht dass sie unterdrückt würden, sie sind schlicht nicht vorhanden. 

Der Staat hält sich also mit Regulierungen angenehm zurück, auch wenn das angesichts der vielen Polizisten im Stadtbild kaum glaubhaft erscheint. Dabei handelt es sich oft doch nur um die kommunale Circulació, einem Mix aus Verkehrspolizist, City-KOB und Auskunftsbüro, unverzichtbar und äusserst nervenstark. Die Zirkulation aufrecht zu erhalten ist sein höchstes Streben. Wenn Sie also im Stau stehen, können Sie sicher sein, dass das Bestmögliche herausgeholt wird.

Sprache: Andorraner sind 100%ige Katalanen, also gibt es viele Gemeinsamkeiten mit den wenigen nördlichen, besonders jedoch mit den südlichen Nachbarn. Catalá ist eine eigenständige Sprache und kein spanischer Dialekt. Katalanisch ist auch weiter verbreitet als vermutet, und spricht sich höchst unterschiedlich. In Andorra, Spanien, Frankreich und selbst Italien wird catalá von fast 11 Millionen Menschen verstanden. Besonders in Katalonien ist catalá energisch auf dem Vormarsch, und es verdrängt aufgezwungene spanische Begriffe allmählich aus dem Alltag. 

Literatur: Die Literatur brauchte das nie. Das katalanische und natürlich auch andorranische Volksfest "Sant Jordi" (23. April) ist z.B. Vorlage für den Tag des Buches in Deutschland. Gräbt man etwas tiefer in Andorras Seele, stösst man unweigerlich auf viele Legenden mit herrlicher Poesie aus alter Zeit. Die Dama Blanca von Auvinya, die "weisse Dame", die ihren im Kampf verletzten Helden fürsorglich gesund pflegte, sich in ihn verliebte, und mit ihm die ersten Einwohner Andorras auf die Welt brachte. Oder der Llac d'Engolasters (Bergsee), der wegen seiner Schönheit ganz bestimmt irgendwann alle Sterne des Firmaments einfangen wird. Manches dreht sich um Teufel oder Hexen "Dimonis" und "Bruixes" mit gruseligen Hexenfelsen. Einer davon steht direkt neben dem Einkaufszentrum Pyrénées.

Folklore: Die kompliziert zu tanzende Sardana ist ein Beispiel dafür, dass Katalanen es sich selbst in der Freizeit nicht unbedingt leicht machen wollen. Daneben gibt es noch die Andorra-typischen Tänze Contrapàs (Andorra la Vella) und Marratxa (Sant Julia) im Sommer zur Zeit der Festes Major. Mein persönlicher Favorit ist die Tanzgruppe Esbart Santa Anna aus Escaldes (l'Esbart Santa Anna), die für Andorra weltweit mitunter Kulturbotschafter spielt. Neben den Volkstänzen gibt es noch viele herrliche Bräuche und Feste. Die einzigartigen Andorra-Festes/Fiestas von Ende Juni bis Anfang September. Oder die Heiligen 3 Könige am 5. Januar: "Els tres Reis de l'Orient" mit einem Prunkwagen-Aufgebot, das den kurz darauf folgenden Karneval "Carnestoltes" weit in den Schatten stellt. Die Subhasta Versteigerungen von seltsamen tierischen Fleischprodukten "Els Encants" (versüsst mit Beigaben wie kunterbunt angerichteten Torten), deren Erlöse den Kirchengemeinden und gemeinnützigen Einrichtungen zufliessen. Oder die "Caramelles"-Auftritte und Umzüge zu Ostern, Sängergruppen mit Musikbegleitung, die ebenfalls Spenden für die Kirche ersingen. Zur Weihnachten treten "Els Pastorets" auf, Theatergruppen die die Weihnachtsgeschichte nachspielen. Alle passenden religiösen Feiertage sind begleitet von Volksfesten. Es gibt natürlich auch andere Anlässe. Die "Gegants" werden bei jeder passenden Gelegenheit herausgeholt. Das sind 4-5m hohe Pappfiguren, die wie auch "Cap Grossos" (Schwellköpfe) durch die Strassen getragen werden. Zu diesem Anlass kommen dann viele katalanische Gegants Folklore-Gruppen zu Besuch. Katalanische "Castellers" bauen zur Zeit der Festes schwindelerregende Menschentürme. Die Feuerteufel zu "Sant Joan" am 23. Juni sorgen für manches Brandmal beim Publikum. Dazu die Fires "Fira"  (Messen und Märkte), Viehmärkte, mittelalterliche Märkte wie der "Mercat Medieval" von Sant Julia. Natürlich nicht zuletzt die Events Umsonst-Essen, die "Escudella" (Gemüsesuppe) oder "Arrossada" (gemeinsames Reis essen).

Musik: Andorra bietet auch bei zeitgenössischer Kultur viele Highlights, besonders bei Musik. Escaldes ist die selbsternannte Musikmetropole. Die Jazzfestivals Escaldes-Engordany jeweils im Juli der letzten 20 Jahren waren besetzt u.a. mit Horace Silver, Fats Domino, Dave Williams, Billy Higgins, Modern Jazz Quartett, Larry Coryell, McCoy Tyner, Freddy Hubbard, Johnny Griffin, Pat Metheny, Tete Montoliu, B.B. King, The Crusaders, Chick Corea, Stan Getz, Dizzy Gillespie, Lionel Hampton, Tony Williams, Al di Meola, Wynton Marsalis, Miles Davis, Larry Carlton, Stanley Clarke, George Duke, Dave Brubeck, George Benson, Joe Pass, Lee Ritenour, Oscar Peterson, Manhattan Transfer. Heute gibt es nicht mehr diese Ballung an Jazz-Weltstars, dafür aber das ganze Jahr über Konzerte aller modernen Stilrichtungen unter dem Motto "colors de musica". Wobei die Vorliebe für Jazz und Black-Music nicht ausgestorben ist. Als Musiker mit Jazz & Soul-Affi bin ich daher natürlich begeistert von meinem 17000 Seelen Städtchen Escaldes. Für den Alltag gibt es auf der Grenze Escaldes/Andorra la Vella den Blues & Jazzclub Angel Blau mit Live-Programm.

Kunst: Der Sinn für "alles Schöne" ist bei Andorranern extrem ausgeprägt. Kunstwerke aller Genres allenthalben, im öffentlichen wie im privaten Bereich. Neben den religiösen Kunstschätzen und Kirchen-Malereien viele Skulpturen wie die von Josep Viladomat. Die zeitgenössischen Kunstwerke und Monumente lassen sich nicht in eine Schublade einordnen. Rätselhafte oder lustige Dinge, mal klein und versteckt in den Gemeinden oder weitab im freien Gelände, mal gigantisch an exponierter Stelle, oder in den Museen, die manchmal ganz seltsame Themen behandeln. Dazu die vielfältige Architektur, das Blumen-Feuerwerk privat und öffentlich im Sommer. Werbung in Zeitungen und TV ohne nenneswerten Qualitäts-Unterschied zum internationalen Standard, oftmals nur lustiger. Einzigartig aus deutscher Sicht sind die aufwendigen kommunalen Informationen für die eigenen Bürger, die ein Tourist aber nicht zu sehen bekommt.

 

Geschichte

Andorras Entstehungsdatum als Einheit ist nicht eindeutig. Mit den beiden Pareatges (Machtteilungsabkommen) 1278 und 1288 wurde das heute noch gültige Vertragswerk besiegelt, nachdem sich der Bischof von La Seu d´Urgell und der Graf von Foix mehrere Jahrzehnte blutig um Andorra stritten. Eine erste Erwähnung Andorras als territoriale Einheit stammt aus dem Jahr 839 zur Einweihung der Kathedrale von La Seu d´Urgell, 10 km südlich in Katalonien. Vielleicht entstand Andorra aber auch 32 Jahre früher. Die Legende besagt, dass Karl der Grosse "Carlemany" 805 Andorra eigene Rechte verliehen hat, als Dank für die Unterstützung im Kampf gegen die Sarazenen. Die Täler von Andorra wurden jedoch Jahrtausende vorher bewohnt, wie Funde aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit belegen. 

Wie wichtig für Andorra das Konstrukt des Co-Fürstentums ist, zeigt 500 Jahre später ein Vorfall zur Zeit der französischen Revolution. Deren Vertreter wiesen das Lehnstribut Andorras schlicht zurück. Ein Alarmsignal für Andorra, denn es musste befürchten, früher oder später vom spanischen Königreich aufgesogen zu werden. Also machte sich eine Abordnung auf den Weg nach Paris, und konnte Napoleon im Jahr 1806 überzeugen, seine Hoheitsrechte wieder wahrzunehmen.

Zuvor, 1748, entstand die "Andorra-Bibel", die Kompilation "Manual Digest" des Juristen und Schriftstellers Antoni Fiter i Rossell aus Ordino. Darin beschreibt er die Geschichte Andorras sowie die Regierungsform mit ihren "Sitten und Gebräuchen". Dieses Werk wurde die folgenden Jahrhunderte zum institutionellen Leitfaden für Andorra. Wenn man so will, die erstmals in Text gefasste Andorra-Verfassung.

Die neuere Geschichte: Einschneidende Veränderungen für Andorras Entwicklung brachte 1913 die Strassenanbindung an Spanien und die 30er Jahre mit der Pass-Strasse nach Frankreich, sowie Elektrizität und Radio. Skifahren als Sport entwickelte sich ebenfalls: 1932 der erste Skiclub "Esqui Club Andorra", 1957 der erste Skilift in Pas de la Casa zum Coll Blanc, initiiert von Francesc Viladomat (1931-2005), dem ersten Andorra Ski-Ass. Der Name Viladomat spielt auch heute noch im Strassenbild eine grosse Rolle durch Sport- und Modegeschäfte, aber auch durch die Skulpturen des Vaters Josep Viladomat (1899-1989), z.B. das Tanzpaar am Casa de la Vall. Dazwischen lag 1934 die lustige Episode mit König Boris I., dem ersten und einzigen König von Andorra, mit seinem kurzzeitigen Domizil im Torre dels Russos in Santa Coloma.

Ein "unabhängiger, demokratischer und sozialer Rechtstaat" ist Andorra seit dem 14. März 1993 mit seiner ersten "richtigen" Verfassung. Ein Zugeständnis an seine EU-Nachbarn, und auf vergleichsweise wenig Papierstapel. Diese Attribute besitzt Andorra allerdings seit Jahrhunderten, und so funktioniert Andorra auch heute noch. Wobei natürlich neben den aus alten Zeiten überlieferten Werten die extrem kurzen Dienstwege alles vereinfachen. Die dezentral strukturierte Verwaltungshoheit der 7 Parroquies bremst wirkungsvoll höheren Blödsinn in maximal 40 km Entfernung aus. Allerdings hat das auch den Nachteil, dass es für den interessierten Touristen nicht unbedingt leicht ist, bei zentralen offiziellen Stellen vor Reisebeginn verbindliche Informationen zu erhaschen.

 

Bevölkerung

Die Gesamtbevölkerung beträgt 76875 Einwohner * (Stand 2004). Andorraner sind mit 27465 die Minderheit.  Die Mehrheit (49410 Einwohner) setzt sich zusammen aus Spaniern (58%), Portugiesen (20%), Franzosen (10%). Der Rest sind Menschen aus aller Welt, darunter etwa 400 Deutsche. Die Zahl der blütenreinen Andorraner wird allerdings kaum die 10% Marke überschreiten. Die andorranische Staatsbürgerschaft kann erst nach 20 Jahren Aufenthalt erworben werden, so dass politische Einflüsse anderer Mentalitäten und Gesinnungen auf längere Sicht wirkungsvoll ausgebremst sein dürften.

Die Einwohner verteilen sich auf 7 Verwaltungseinheiten (parroquies, etwa Bundesländer/Landkreise): Andorra la Vella (22884), Escaldes-Engordany (16918), Encamp (12924), Sant Julià de Lòria (8885), La Massana (7973), Canillo (4225) und Ordino (3066). Alle Zahlen aus 2004. Die beiden gleichnamigen Städte Andorra la Vella und Escaldes-Engordany bilden zusammen, für Besucher kaum auflösbar "Andorra-City" mit etwa 40000 Einwohnern. Die Hälfte der Bevölkerung lebt also in diesem Ballungsraum auf ungefähr 4 qkm, die bebauten Berghänge ringsum eingerechnet. Details dazu: Orte, Höhenlage. Einwohnerzahlen

Interessant sind einige andere Zahlen. So liegt die Geburtenrate gleichauf im europäischem Durchschnitt, bei der Zahl der Heiraten liegt es aber ganz am Ende. Man lebt also vorzugsweise in Sünde trotz Bischof Co-Fürst im Süden. Die Lebenserwartung von 93,7 Jahren liegt allerdings wiederum 15 Jahre höher als im EU-Mittel und in Deutschland. Dieser extreme Unterschied ist teilweise durch Rückwanderung alter Menschen in ihr Ursprungsland begründet. Ich jedenfalls habe seit meiner Auswanderung aus Deutschland keinerlei gesundheitlichen Probleme mehr, also hoffe ich, dass etwas dran ist.

* Statistik-Update 31. Dezember 2006: 81222 Einwohner in Andorra gesamt

 

Wirtschaft

Andorra´s Wirtschaft basiert im Wesentlichen auf Handel, Tourismus und Bankgewerbe. Im Binnenmarkt spielt zusätzlich die Bauwirtschaft eine grosse, auch für den Besucher unübersehbare Rolle. Knapp 12 Millionen Besucher jährlich kommen aus den unterschiedlichsten Beweggründen nach Andorra. Einkaufstouristen das ganze Jahr über an den Wochenenden, Urlauber schwerpunktmässig im Winter oder zur Sommersaison Juli-August. Auch in den anderen Jahreszeiten wird Andorra gerne besucht. Kulturtouristen, Bergsportler und Menschen, die Entspannung oder Anregungen suchen und finden. Das "Geheimnis Andorra" hat natürlich eine ganz besondere Anziehungskraft für die meisten seiner Besucher. Das Bankgeheimnis der sehr verschwiegenen 7 andorranischen Banken logischerweise auch.

Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs von Andorra ist letztlich die äusserst behutsame staatliche Regulierung. Gewerbeabgaben werden meist pauschal erhoben, und der Arbeitnehmer lebt gänzlich ohne Steuern. Andererseits gibt es für ihn keinen Kündigungsschutz. Pikant nach D-Masstäben, aber es gibt für den Andorra-Unternehmer schliesslich auch keinen Pleiteschutz wie für deutsche Konzerne mit Beziehung zur Politik. Andorras Wirtschaftssystem ist von Eigenverantwortung und Flexibilität geprägt. Im Ergebnis zeigt sich das in einer sehr geringen Staatsverschuldung. Der Einwohner Andorras hat also das Privileg eines fast bürokratiefreien Lebens. Arbeitslosigkeit und Kriminalität sind ebenfalls kein Thema. Daraus einen unsozialen Staat abzuleiten wäre wiederum ein krasser Denkfehler.

 

Leben und arbeiten in  Andorra

Arbeiten in Andorra oder gar Auswandern? Manchmal bekomme ich Nachfragen von Arbeitsuchenden aus Deutschland, wobei nicht immer klar zu erkennen ist, was das eigentliche Ziel ist, weil manchmal verklärte Süd-Sehnsucht dazwischensteht. Pauschal und kurz beantwortet: Sie müssen uneingeschränkt selbst klarkommen mit Ihrer Zukunft in Andorra, weil es weder Arbeitsamt, noch Stütze in irgendeiner Form gibt. Dazu ist unternehmerische Denkweise zwingend Voraussetzung: Sozusagen Unternehmer "in Sachen eigene Arbeitskraft". Qualifizierte Leute finden sofort mehrere Arbeitsstellen. Doch Andorra ist very special! Ein Deutscher mit ernsthaften Andorra-Ambitionen müsste sich von allen schönen Denkschablonen verabschieden. Dafür erfahren Sie im Gegenzug vielleicht etwas sehr Wertvolles - etwas was irgendwo in der Nähe des Begriffs Volksweisheit liegt. Ein "bisschen Andorra" funktioniert auf Dauer nicht.

Sprachkenntnisse werden natürlich immer vorausgesetzt, Mindest-Voraussetzung halbwegs perfekt spanisch. In weniger qualifizierten Berufen wie an der Supermarktkasse werden oft alle 3 hiesigen Sprachen katalanisch, spanisch, französisch gefordert. In der Baubranche müssen Sie die billige Konkurrenz der Gastarbeiter z.B. aus Portugal aushalten. Das Damoklesschwert ist die Aufenthaltsgenehmigung, die bei nachgewiesenem Arbeitsplatz und einer Wohnung zunächst für nur ein Jahr erteilt wird, anschliessend in grösseren Intervallen, nach 8 Jahren wird es dann deutlich leichter. Andorra dürfte mit 2/3 den mit Abstand höchsten Ausländer-Anteil in der Gesellschaft im Vergleich zu Europa haben. Das kann man negativ sehen, aber auch durchaus positiv. Der "Ur-Andorraner" denkt in seiner geschichtlichen Verwurzelung sehr langfristig über Generationen hinweg für die Zukunft seines Landes. Den Andorra-Pass bekommt man nicht nachgeworfen - und das ist eine weise Regelung.

Also vielleicht doch ein unsozialer Staat für die Anderen, oder gar ein rechteloser? Keineswegs, die staatlichen Stellschrauben sind lediglich komplett anders als in Deutschland, und mit deutscher Logik gänzlich unverständlich.

 

Infrastruktur

Der Staat Andorra, besonders jedoch seine 7 Kommunen bieten ein Leistungsangebot das überrascht - in Breite und Qualität. Bildung, Kindergärten, Schulen, UA - die "virtuelle" aber sehr reale Universität Andorras, Jugend, Familie, Senioren, kommunale Services, Energie/Wasser/Kommunikation, Kulturangebote, Freizeit & Sport, Gesundheitswesen/Gesundheit, Verkehr, Zoll, Polizei, Justiz.

Dieser Punkt ist noch tief in Bearbeitung. Für einen Deutschen ist es unmöglich, die öffentlichen Leistungen Andorras in ein einigermassen neutrales Bild zu rücken, und erst recht nicht hier irgendwas "abschliessend zu bewerten". Zu tief die alten Wunden, zu krass die gesellschaftlichen, ja auch die qualitativen Unterschiede zwischen Andorra und Deutschland. Für Urlauber oder Besucher ist nur der kleinste Teil der Liste relevant. Diese Informationen finden Sie unter "Wie in Andorra orientieren?"

Für das Verständnis von Andorra als Gesellschaft und Kulturraum können jedoch die nur für Einwohner relevanten Punkte sehr interessant sein. Bezeichnend ist die durchgängige Verwendung des Begriffs "Servei" (Service) im öffentlichen Bereich. In Andorra ist das völlig ernst gemeint, also kein Etikettenschwindel, und Behörden-Gängelei a la Deutschland gibt es nicht, nicht ansatzweise. Ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland: Es gibt keine direkten Steuern und keine abstrusen Umlageverfahren, über die man ungewollte öffentliche/staatliche Wohltaten vielfach überteuert mitbezahlen muss. Erstaunlich, dass vieles hier quasi "aus der Portokasse" bezahlt wird. 

Das Andorra Gesundheitssystem zum Schnäppchenpreis ist nur ein Beispiel. Noch verwirrender: Gewünschte öffentliche Dienstleistungen, die durchaus direkt bezahlt werden könnten, übernimmt der Staat wie die kostenlose Briefpost im Inland. Es liegt nicht an fehlenden Briefmarken. Die werden ja gebraucht für Urlaubsgrüsse der Touristen, die auf Andorra Briefmarken bestehen. Anderes Beispiel: Die allgegenwärtigen Freizeiteinrichtungen und Kunstobjekte sind nicht zum Vorzeigen für Touristen gefertigt, dazu liegen sie oft dann doch zu sehr versteckt. 

Was Andorra eigentlich ist, hat mir hier noch nie jemand schlüssig erklären können. Feudalsystem oder gar die einzig wahre Demokratie? So etwas Ähnliches wie Demokratie üben sie immerhin schon seit 1000 Jahren. Welche negativen Spuren die 1993 eingeführte "Europarat-kompatibele" Demokratie in der Gesellschaft hinterlassen wird - darüber sorgen sich hier viele nachdenkliche Menschen. Ich als Andorra-Frischling verzichte also nicht unbedingt notgedrungen auf mein nicht vorhandenes Wahlrecht, und baue auf die Weisheit dieser bemerkenswerten Gesellschaft.

Rest folgt vielleicht. 

 

Weitere Informationen: Andorra Ankunft, Orientierung für Besucher


Inhalt: Reiseinformationen zu Pyrenäen, Andorra

Lutz Meyer culture & events